Mittwoch, 2. Oktober 2019

Gründerväter: Incantation - Profane Nexus.

Incantation, das ist eine der von diesem Bloghost hier sehr verehrten verwitterten Institutionen des originalen Death Metal-Styles. Im Gegensatz zu den vielen Youngstern, die sich im Rahmen des Old School of Death Metal-Hypes pflichtschuldigst bemühen, den alten Bands zu huldigen, sind Incantation eine wirklich alte Band, gegründet immerhin schon 1989 in Johnstown im US-Bundesstaat Pennsylvania.



Und eines der Gründungsmitglieder, Gitarrist und Chefgurgler John McEntee, ist noch immer mit dabei! Der Rest ist eine schwindlig machende Abfolge wechselnder Musiker (zwei bereits verstorben). Aber, vielleicht weil Incantation immer der große Erfolg von Bands wie Cannibal Corpse oder Morbid Angel verwehrt blieb, ist eben noch sehr viel vom ursprünglichen Spirit des guten alten Death-Sounds in ihren Songs zu finden.

Ich glaube, man muß auch viel von der Geschichte dieser wunderbaren Stilrichtung mitbekommen haben, um eine Band wie Incantation richtig würdigen zu können. Natürlich können die mit den modernen Produktionen des "Brutal Death Metal" nicht mithalten, weswegen sie für ihre Alben in der deutschen Metalpresse fast immer schlechte Bewertungen erhalten. Englischsprachige Reviewer, die ungefähr im selben Alter wie ich sein dürften (Hinweis: Late Babyboomer) freuen sich hingegen über jedes neue Lebenszeichen der alten Herren.

Incantation sind wie ein alter, rostiger Dampfer, der knirschend und ächzend, aber doch unerbittlich und zielgerichtet durch die brackigen Gewässer der harten Musik stampft. Eines kann man ihrer Musik auf jeden Fall bescheinigen - sie ist sehr langsam (mit kurzen, schnellen Ausbrüchen, so lange halt die Puste reicht). Und wirklich zäh. Irgendwo im Spannungsfeld zwischen Death, Doom und Grindcore hat diese Band sich ihr Ausgedinge eingerichtet und beglückt uns alle paar Jahre mit einem neuen Werk, welches oberflächlich gehört natürlich "so klingt wie immer", darunter aber verbirgt sich die jahrzehntelange Optimierung eines wirklich einzigartigen Klangideals.


Dieses kann man immer noch so summieren, wie Death Metal früher von entsetzten und gleichzeitig faszinierten Musikkritikern beschrieben wurde: Hasenfick-Geklöppel, tiefgestimmte Gitarren, die einem das Trommelfell zersägen und ein Sänger, der so klingt, als würde er mit dem Kopf voraus wonnig in einer Kloschüssel gurgeln. Es ist dies eine Formel, die seit vielen Jahren für mein Vergnügen sorgt; und wenn eine Genreband sich innerhalb dieser Parameter weiterentwickelt, diese "erlauchten Ideale" auch noch verfeinert, dann ist das ein Fest für meine Tinnitus-geplagten Ohren.

"Profane Nexus", 2017 auf ihrem Stammlabel Relapse erschienen, zeigt Incantation auf der Höhe eben dieses speziellen Songwritings. Und zusätzlich gibt es da so ganz nebenbei auch kurze progressive Anklänge, melodische Einschübe und  - so was kenne ich sonst eigentlich gar nicht - eine Art "Ballade"; zumindest ein sehr ruhiges, atmosphärisches Stück, in dem die großartigen Bassläufe Chris Sherwoods nicht von ungefähr an die große Zeit der späten Inkarnation von Chuck Schuldiner's Death erinnern. ("Incorporeal Despair").

Ansonsten rumpelt "Profane Nexus" vor sich hin, das es eine reine Freude ist. Dieser (inzwischen elfte) Release ist für mich ein absolutes Highlight. Inzwischen hat Relapse übrigens angekündigt, den Incantation-Uralt-Klassiker "Upon the Throne of Apocalypse" neu gemastered auf Vinyl herauszubringen; erste Hörproben auf youtube haben mich allerdings etwas verwirrt, vermutlich weil mir der originale Besenkammer-Sound einfach lieber ist, der gehört einfach zu diesem Album und dessen Erscheinungsjahr 1995.



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Incantation auf Relapse Records

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